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Öffentliche Fördermittel und Vergaberecht

Jan. 11, 2020

Was Sie bei öffentlichen Fördermitteln vergaberechtlich beachten müssen

Herzlich willkommen zu einem neuen Blog-Beitrag bei Vergabe Plus. Heute geht es um die Frage, was Sie bei öffentlichen Fördermitteln vergaberechtlich beachten müssen. Dazu sollten Sie wissen, dass das Vergaberecht nicht nur direkte Auswirkungen bei der Beschaffung von Leistungen hat, sondern auch indirekt zum Beispiel in Verbindung mit Fördermitteln.

Um dieses Thema genauer zu beleuchten, spreche ich mit Anne Tempelhoff. Sie ist bei einem der größten Nahverkehrsunternehmen in Europa angestellt – den Berliner Verkehrsbetrieben AöR oder besser bekannt als BVG. Als Sektorenauftraggeber unterliegt die BVG dem Vergaberecht, genauer gesagt der Sektorenverordnung (SektVO). Anne Tempelhoff ist dort zuständig für die Initiierung und Durchführung von Fördermittelprojekten. Zuvor arbeitete Sie als Projekteinkäuferin im Einkauf der BVG und betreute dort hauptsächlich Großprojekte im Bereich Hochbau. Die perfekte Vita also um uns als Expertin zu unserem heutigen Thema „Öffentliche Fördermittel und Vergaberecht“ Rede und Antwort zu stehen.
Förderbescheidübergabe im BMVI
Erst einmal herzlichen Dank, dass du meine Einladung angenommen hast und für einen Blog-Beitrag zur Verfügung stehst Anne. Wie du weißt, versuche ich mit dem Vergabe Plus Blog das ganze Thema Vergaberecht aus der grauen und verstaubten „Bürokratenecke“ herauszuholen und mit Erfahrungen aus der Praxis Licht ins Dunkel zu bringen. Deshalb freue ich mich sehr, den Lesern mit dir eine echte Praktikerin präsentieren zu können.
Wir beide kennen uns bereits durch unsere gemeinsame Einkaufstätigkeit bei den Berliner Verkehrsbetrieben. Im Gegensatz zu mir, bist du der BVG treu geblieben, wenn auch mittlerweile in anderer Funktion. Wo arbeitest du jetzt genau und was sind deine Aufgaben?

Hallo David, danke für die Einladung. Den Blog unterstütze ich natürlich gerne. Ich arbeite derzeit in der Abteilung Alternative Finanzierung und dort im Team der Drittmittelfinanzierung, das sich vorrangig mit Zuwendungen durch Bund und EU, aber auch Sondertöpfen des Landes Berlin befasst. Unser Aufgabengebiet umfasst dabei das gesamte Spektrum: Initiierung von Projekten innerhalb des Unternehmens, Netzwerkaufbau zu Zuwendungsgebern, Stellung von Fördermittelanträgen, Mittelabrechnung und Abschluss mit dem Verwendungsnachweis – alles aus einer Hand. Die konkreten Förderthemen umfassen sämtliche Unternehmensbereiche: Infrastrukturmaßnahmen des Ausbaus und Neubaus, Elektromobilität, Digitalisierung, autonomes Fahren und auch soziale Projekte.
Stichwort Zuwendung von öffentlichen Fördermitteln. Das ist hochinteressant, gerade in Verbindung mit dem Vergaberecht und genau deshalb unser heutiges Thema. Bei Fördermitteln, denken viele Menschen zuerst an staatliche Subventionen, zum Teil auch nicht besonders sinnvoll eingesetzt. Ist dieser Eindruck richtig?

Nein, Zuwendungen sind zwingend von Subventionen abzugrenzen. Während Subventionen gezielte Markteingriffe zur Stärkung einzelner Wirtschaftszweige sind, sollen Zuwendungen Aufgaben von besonderem Interesse finanzieren. Ein simples Beispiel: Aus wirtschaftlichem Interesse würden zahlreiche umwelt-/ klimanotwendige Projekte nicht umgesetzt werden. Mittels einer Förderung werden vor allem Investitions- oder Forschungs- und Entwicklungsprojekte vorangetrieben, wie derzeit zum Beispiel die Elektromobilität oder das autonome Fahren.

Bei welchen Institutionen oder Behörden können öffentliche Fördermittel beantragt werden und wer kann eigentlich Gelder erhalten und für was?

Eine weitreichende Frage: Vorrangig sind die EU, die Bundesministerien oder die Kommunen Zuwendungsgeber. Diese setzen grundsätzlich Programme auf, die klare Förderziele und den Verwaltungsrahmen formulieren. Die jeweils konkrete Förderrichtlinie regelt dann die Detailfragen, wer kann überhaupt beantragen, wieviel Geld kann beantragt werden für welchen Zeitraum etc. Für einen Überblick empfehle ich folgende Website des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie:
www.foerderdatenbank.de/FDB/DE/Home/home.html
Hier ist eine Filterung nach Förderberechtigten, Bundesland, Themengebiet etc. möglich. Eine wirklich gut gepflegte Datenbank.

Wie siehst du das Thema Vergaberecht in Verbindung mit Fördermittelanträgen? Gibt es überhaupt eine Verbindung und wenn ja welche?

Ja es gibt sogar einen ganz klaren Zusammenhang. Das oberste Gebot des Zuwendungsrechts ist der sparsame und wirtschaftliche Einsatz von Zuwendungsmitteln. Über die Bundes- bzw. Landeshaushaltsordnung folgt somit die Verpflichtung zur Einhaltung des Vergaberechtes. Diese Verpflichtung wird zumeist nochmal mit jedem Zuwendungsbescheid in den entsprechenden Bestimmungen geregelt. Kurzum: Erhalte ich Zuwendungsmittel der öffentlichen Hand, bin ich grundsätzlich zur Einhaltung des Vergaberechts verpflichtet.
Was passiert eigentlich wenn der Empfänger von Fördermitteln die vergaberechtlichen Vorgaben des Fördermittelgebers nicht einhält?

Grundsätzlich kommt es zu Kürzungen des Fördervolumens, die Höhe hängt dabei vom Schweregrad des Vergehens ab. Diese reicht von einem geringen Prozentsatz (5%) für den konkreten Auftrag bis hin zur kompletten Rückforderung der Gesamtzuwendung des Vorhabens. Die EU hat hierzu einen Leitfaden erstellt, die Entscheidung liegt letztendlich im Ermessen des jeweiligen Zuwendungsgebers.
Ich verstehe, also ist das Thema Vergaberecht in Verbindung mit öffentlichen Fördermitteln sehr wichtig, denn niemand möchte bewilligte Fördermittel zurückzahlen müssen. Wie prüft der Fördermittelgeber, ob seine Vorgaben bezüglich dem Vergaberecht auch eingehalten wurden?

Dies erfolgt anhand der Zwischennachweise oder des Verwendungsnachweises. Der Zuwendungsgeber regelt mit dem Zuwendungsbescheid wann welche Nachweise zu liefern sind. Spätestens mit dem Verwendungsnachweis zum Abschluss des Projektes ist es üblich, die Vergabeunterlagen der Vergaben vorlegen zu müssen, die im Projekt gegenüber dem Zuwendungsgeber abgerechnet wurden. Ich empfehle eine lückenlose und nachvollziehbare Dokumentation, da die Prüfungseinrichtungen von der Wahl der Vergabeart bis hin zur Auftragsvergabe gegen die einschlägigen Vergabeordnungen prüfen.

Ok, der Fördermittelempfänger muss also die korrekt verwendete Vergabeart spätestens mit dem Verwendungsnachweis darlegen. Dabei geht es für ihn unter Umständen um viel Geld.

Ich denke wir können zusammenfassen, dass es sehr wichtig ist sich mit dem Vergaberecht auszukennen, besonders dann, wenn es um öffentliche Fördermittel geht. Anne, zum Abschluss vielleicht noch ein kleiner Ausblick in die Zukunft. Wo wird die Reise beim ÖPNV hingehen? Werden wir vielleicht bald alle mit Flugtaxis durch die Gegend fliegen?


Interessante Frage! Die Brisanz der Klimapolitik ist sicherlich nicht erst seit Greta Thunberg und der Fridays-for-Future- Bewegung bekannt; gibt ihr aber nochmal einen gewaltigen Schwung. Dabei ist in Städten vor allem der ÖPNV ein überaus wichtiger Hebel, der somit in der Politik derzeit in den Fokus rückt. Es werden Millionen, teils Milliarden Euro für die Klimaschutzziele bereitgestellt, oft auch über Förderprogramme.
Der aktuelle Fokus liegt auf Elektromobilität, autonomes Fahren in Abhängigkeit zur Künstlichen Intelligenz und Digitalisierung. All dies braucht man für den Betrieb von Flugtaxis. Erste Praxisversuche gibt es z.B. in London. Definitiv müssen die Metropolen mit dem rasanten Wachstum zukünftig in verschiedenen Ebenen denken, sprich Straße und darüber der Luftraum. Wenn man allerdings die Herausforderungen des autonomen Fahrens sieht, wird es bis zu einem regulären Betriebseinsatz von Flugtaxis noch eine Weile dauern. Aber der Weg dahin ist spannend und soll in der aktuellen Forschung und Entwicklung geebnet werden.

Vielen Dank für deine Zeit und weiterhin viel Erfolg bei der BVG.



Wenn Sie Rückfragen zum Thema oder weiterführende Anregungen haben, freue ich mich über Ihre
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