Die Rahmenvereinbarung

Die Rahmenvereinbarung ist ein beliebtes und häufig eingesetztes Instrument, das jedoch formal nicht zu den besonderen Methoden und Instrumenten im Sinne des § 120 GWB zählt. Vielmehr ist die Rahmenvereinbarung in § 103 Abs. 5 GWB geregelt. Eine Einordnung als besonderes Instrument erscheint dennoch sinnvoll, da es sich bei der Rahmenvereinbarung nicht um ein eigenständiges Vergabeverfahren handelt, sondern um ein Mittel zur Effizienzsteigerung in der öffentlichen Beschaffung.


Die Rahmenvereinbarung ist eine Art der Vertragsgestaltung, daher spricht man in diesem Zusammenhang auch häufig von Rahmenverträgen. Im Gegensatz zu Einzelaufträgen, können in der Rahmenvereinbarung je nach Gestaltung konkrete Leistungen zu vorher festgelegten Bedingungen bzw. Rahmenbedingungen bedarfsgerecht abgerufen werden. Dadurch können öffentliche Aufträge zeitlich befristet ohne erneute Ausschreibung vergeben werden. Diese Art der Vertragsgestaltung wird auch in der Privatwirtschaft gern genutzt. Bei öffentlichen Auftraggebern und Sektorenauftraggebern gelten, aber besondere vergaberechtliche Bedingungen für die Ausschreibung von Rahmenvereinbarungen.

Auftragswert korrekt schätzen

Um den Auftragswert korrekt schätzen zu können, müssen die möglichen Laufzeiten von Rahmenvereinbarungen berücksichtigt werden. Je nach Regelung gelten unterschiedliche Laufzeiten. Hier die Wichtigsten:


  • 4 Jahre nach VgV (für Liefer- und Dienstleistungen)
  • 6 Jahre nach UVgO (für Liefer- und Dienstleistungen)
  • 8 Jahre nach SektVO (für Sektorenauftraggeber)


In begründeten Einzelfällen sind auch längere Laufzeiten zulässig (z.B. wenn sich eine Investition erst nach einer längeren Laufzeit amortisiert). Selbstverständlich dürfen auch kürzere Laufzeiten für eine Rahmenvereinbarung festgelegt werden.

Es empfiehlt sich, Rahmenvereinbarungen so zu gestalten, dass größtmögliche Flexibilität für den Auftraggeber gewahrt bleibt, ohne dabei die rechtlichen Rahmenbedingungen aus dem Blick zu verlieren. Die sorgfältige Berücksichtigung von Mindestmengen, Vertragslaufzeiten und Optionen ermöglicht eine bedarfsgerechte Rahmenvereinbarung. Bei der Schätzung des Auftragswertes ist stets vom maximal möglichen Vertragsvolumen auszugehen, um eine rechtssichere Grundlage für das Vergabeverfahren zu schaffen. Darüber hinaus ist die Verpflichtung zur Bildung von Losen auch bei Rahmenvereinbarungen zu beachten.

ℹ️ Praxistipps zur Rahmenvereinbarung


  • Das Auftragsvolumen muss so genau wie möglich geschätzt werden. Dabei ist von der maximalen Ausprägung der Rahmenvereinbarung auszugehen.


  • Um eine missbräuchliche Nutzung zu verhindern, ist laut EuGH die Flexibilität von Rahmenvereinbarungen jedoch eingeschränkt. Vergabestellen müssen eine Obergrenze festlegen. Wird diese erreicht, ist die Rahmenvereinbarung ausgeschöpft und muss neu ausgeschrieben werden.


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Varianten der Vertragskonstellation

Die Rahmenvereinbarung ist mit einem oder mehreren Unternehmen zulässig. Die Variante der Vertragskonstellation sollte jedoch zur ausgeschriebenen Leistung passen, denn sie kann anschließend nicht mehr geändert werden. Bereits mit Veröffentlichung der Bekanntmachung auf TED, muss sich der Auftraggeber entscheiden welche Varianten er nutzen möchte.


Es ist möglich, dass eine Rahmenvereinbarung auch von mehreren Auftraggebern abgeschlossen wird, was selbstverständlich auch im Vorfeld bekanntgemacht werden muss. Es sind also grundsätzlich vier Vertragskonstellationen möglich:

 

  • ein Aufraggeber - ein Unternehmen
  • ein Auftraggeber - mehrere Unternehmen
  • mehrere Auftraggeber - ein Unternehmen
  • mehrere Auftraggeber - mehrere Unternehmen

 

Zudem kann auch der Umfang der Rahmenvereinbarung variieren. Die Rahmenvereinbarung kann so gestaltet werden, dass bereits sämtliche Bedingungen fest vereinbart werden. In den Einzelabrufen sind dann nur noch entsprechende Mengen anzugeben. Die Rahmenvereinbarung kann aber auch so gestaltet werden, dass wirklich nur ein grober Rahmen vorgegeben wird und die konkreten Bedingungen wie beispielsweise der genaue Tagespreis (z.B. für Diesel) Teil eines sogenannten Miniwettbewerbes wird.

Die Rahmenvereinbarung mit einem Unternehmen

Die einfachste Variante ist die Rahmenvereinbarung mit nur einem Unternehmen je Los. Das wirtschaftlichste Angebot bekommt den Zuschlag und sämtliche Abrufe werden bei einem Unternehmen getätigt, ganz nach dem Motto "the winner takes it all". Der Wettbewerb ist für die Dauer der Rahmenvereinbarung ausgeschlossen. Diese Variante ist für den Auftraggeber in der Vertragsphase sehr einfach. Nachdem die Ausschreibung ordnungsgemäß durchgeführt wurde, kann ein öffentlicher Auftraggeber wie ein privates Unternehmen ohne weiteren Wettbewerb ganz nach Bedarf bestellen. Dies reduziert die Beschaffungszeit und den Beschaffungsaufwand und damit die Kosten der Beschaffung. So können Bedarfe sinnvoll gebündelt werden.

Rahmenvereinbarung mit einem Unternehmen

Allerdings kann diese Art der Rahmenvereinbarung gleichzeitig ein Nachteil sein, denn der fehlende Wettbewerb bedeutet unter Umständen, dass sich innerhalb der Vertragslaufzeit das Marktumfeld ändert und der Auftraggeber nicht mehr zu marktüblichen Bedingungen kauft.


Der Auftraggeber darf für dieselbe Leistung keine weitere Rahmenvereinbarung ausschreiben, da dies eine Doppelvergabe wäre. Er muss für die Dauer der Rahmenvereinbarung mit ihr leben. Allerdings ist er nicht verpflichtet, die Einzelleistungen aus dem Rahmenvertrag abzurufen (nur die vertraglich zugesicherten Mindestmengen). Er könnte die Leistung deshalb in einem gesonderten Vergabeverfahren ausschreiben, solange es sich nicht um eine weitere Rahmenvereinbarung handelt.

ℹ️ Praxistipps zur Rahmenvereinbarung mit einem Unternehmen


  • Unterliegt die Leistung keinen großen Marktschwankungen, ist die Rahmenvereinbarung mit nur einem Unternehmen die perfekte Wahl für eine effiziente Beschaffung.

 

  • Unterliegt die Leistung jedoch starken Schwankungen am Markt (z.B. Preis), sollten Alternativen wie eine Rahmenvereinbarung mit mehreren Unternehmen oder ein dynamisches Beschaffungssystem bewertet werden.


Benötigen Sie Unterstützung bei Ihren Vergabeprozessen? Gerne finden wir im Rahmen einer Markterkundung heraus, ob eine Zusammenarbeit sinnvoll ist.

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Rahmenvereinbarung mit mehreren Unternehmen

Deutlich komplexer wird die Rahmenvereinbarung, wenn sie mit mehreren Unternehmen geschlossen wird. In dem Fall bekommt nicht nur das wirtschaftlichste Angebot den Zuschlag, sondern alle Bieter, die unter den vorher definierten Bedingungen ein wirtschaftliches Angebot abgegeben haben. Die Anzahl sollte in der Auftragsbekanntmachung mit entsprechenden Auswahlkriterien begrenzt werden (z.B. die fünf besten Angebote), ebenso muss definiert werden unter welchen Bedingungen die Abrufe erfolgen werden.


Für die Art der Abrufe gibt es verschiedenste Optionen. Es dürfen innerhalb der Rahmenvereinbarung beispielsweise sogenannte Miniwettbewerbe durchgeführt werden. Diese Variante ist gerade bei schwankenden Preisen sehr sinnvoll.

Rahmenvereinbarung mit mehreren Unternehmen

Bei einem Diesel-Rahmenvertrag könnte man beispielsweise bei Bedarf einen Miniwettbewerb mit dem Zuschlagskriterium "Preis" durchführen. Den Abruf würde das Unternehmen bekommen, welches den günstigsten Tagespreis anbietet, alle weiteren Anlieferbedingungen wären bereits in der Rahmenvereinbarung definiert.


Wenn der Auftraggeber nur an einer hohen Versorgungssicherheit interessiert ist, aber keine Miniwettbewerbe durchführen möchte, kann er die Abrufe auch nach der Rangfolge der ursprünglichen Angebote platzieren. Ist das erstplatzierte Unternehmen nicht in der Lage den Abruf zu bedienen, wird der Zweitplatzierte angefragt und so weiter. Dieses System ist auch als Kaskadenprinzip bekannt.

ℹ️ Praxistipps zur Rahmenvereinbarung mit mehreren Unternehmen


  • Die Rahmenvereinbarung mit mehreren Unternehmen kann sehr komplex sein. Wichtig ist daher eine intensive und gute Vorbereitung der Vergabe. Auch Bieter sind an einer reibungslosen Vertragslaufzeit interessiert. Nehmen Sie deshalb Bieterfragen ernst. Eventuell fällt den Bietern etwas auf, was Sie vielleicht übersehen haben.

 

  • Bedenken Sie alle möglichen Abrufbedingungen. Ist die Rahmenvereinbarung erst einmal bezuschlagt, können Sie diese nicht mehr ohne weiteres anpassen. Auch ist es Auftraggebern untersagt die Leistung erneut als Rahmenvereinbarung auszuschreiben. Sie müssen also für die Dauer der Vertragslaufzeit mit ihr leben.


Professionelle Unterstützung bei der Organisation von Rahmenvereinbarungen ist oft hilfreich. Kontaktieren Sie mich gern.

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