Nicht offenes Verfahren der Allrounder

Ein nicht offenes Verfahren ist sozusagen der Allrounder unter den Verfahrensarten und wird ab dem jeweiligen EU-Schwellenwert genutzt. Es ist in allen Vergabeverordnungen vorgesehen, also in der VgV, der VSVgV, der SektVO und auch in der Verordnung VOB/A-EU für Bauleistungen. Es steht jeweils als Standardverfahren zur Verfügung und kann somit ohne Begründung genutzt werden. Es wird meist dann angewendet, wenn der öffentliche Auftraggeber sehr viele Angebote erwartet oder die Angebotsprüfung z.B. aufgrund einer Teststellung sehr aufwändig ist. Die Leistung muss erschöpfend beschrieben werden können.


Ein nicht offenes Verfahren ist ein zweistufiges Verfahren. Das heißt bevor die Bewerber bzw. Bieter ein Angebot unterbreiten dürfen, müssen sie in einem vorgelagerten Teilnahmewettbewerb ihre Eignung nachweisen. In der Bekanntmachung auf Tenders Electronic Daily (TED) wird deshalb im Gegensatz zum offenen Verfahren nicht direkt zur Abgabe von Angeboten aufgerufen, sondern zur Abgabe von Teilnahmeanträgen. Der öffentliche Auftraggeber wird nur diejenigen Unternehmen auffordern ein Angebot einzureichen, die den Teilnahmewettbewerb bestanden haben und damit die Eignungskriterien erfüllen. Für die ungeeigneten Bewerber ist das nicht offene Verfahren bereits an dieser Stelle beendet. Der Auftraggeber kann die Anzahl der geeigneten Bewerber, die zur Angebotsabgabe aufgefordert werden, zusätzlich begrenzen, indem er wertende Eignungskriterien aufstellt.


Im Gegensatz zum
Verhandlungsverfahren ist es dem Auftraggeber beim nicht offenen Verfahren nicht gestattet mit den Bietern in Verhandlung zu treten. Dementsprechend muss sich der Bieter ebenfalls darauf einstellen, dass er keine Möglichkeit hat sein Angebot nachzubessern und nachträglich einen Preisnachlass zu gewähren, um den Auftrag zu erhalten. Sollte der Bieter den Teilnahmewettbewerb bestehen, muss er also direkt sein bestes Angebot einreichen.

Ablauf nicht offenes Verfahren

Ablauf Nicht offenes Verfahren

Die Darstellung zeigt den Ablauf des nicht offenen Verfahrens sehr anschaulich. Grundsätzlich funktioniert es wie folgt:


Nach der allgemeinen Vorbereitung und der Veröffentlichung der Bekanntmachung auf Tenders Electronic Daily (TED), startet zuerst der Teilnahmewettbewerb. Der Auftraggeber prüft im ersten Schritt die Eignung der Bewerber anhand von vorher festgelegten Eignungskriterien. Nur die Bewerber, die sich entsprechend der Kriterien als geeignet erweisen, werden in der Angebotsphase berücksichtigt und zur Angebotsabgabe aufgefordert.


In einem zweiten Schritt werden die eingegangenen Angebote vom Auftraggeber gewertet. Dazu prüft er die Angebote formal auf Richtigkeit und ob die Preise angemessen sind. Sollten die Angebote formal auszuschließen sein, werden sie nicht weiter berücksichtigt und zwar unabhängig vom Preis oder anderen Zuschlagskriterien. Sollte der Angebotspreis unangemessen niedrig erscheinen, wird der Auftraggeber diesen aufklären. Die Bieter erhalten jedoch keine Möglichkeit die Preise nachzubessern, denn das käme einer unerlaubten Preisverhandlung gleich.


Sowohl beim Teilnahmewettbewerb als auch in der Angebotsphase des nicht offenen Verfahrens haben die Bewerber bzw. Bieter die Möglichkeit Bieterfragen zu stellen. Der Auftraggeber wird die Bieterfragen anonymisiert beantworten.


Zum Abschluss ermittelt der Auftraggeber anhand der vorher festgelegten Wertungskriterien das wirtschaftlichste Angebot und bezuschlagt dieses unter Einhaltung der Informations- und Wartepflicht nach § 134 GWB. Die Bekanntmachung über vergebene Aufträge erfolgt auf TED.

ℹ️ Praxistipps - nicht offenes Verfahren


  • Wertende Eignungskriterien sollten nur aufgestellt werden, wenn sehr viele Angebote erwartet werden. Sie sollten mit Ausschlusskriterien kombiniert werden.


  • Sektorenauftraggeber sollten prüfen, ob sie ein Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb dem nicht offenen Verfahren vorziehen, da es nach SektVO ebenfalls als Standardverfahren zur Verfügung steht. Wird vorbehalten die Erstangebote zu bezuschlagen, ist der Zeitaufwand identisch, jedoch besteht im Zweifel die Möglichkeit zu verhandeln.


Weitere Informationen zum nicht offenen Verfahren und zu anderen relevanten Themen erhalten Sie im Webinar Grundlagen der VgV.

zum Webinar