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8. Deutscher Vergabetag

Nov. 12, 2021

Ein erfolgreiches Jahr neigt sich langsam dem Ende und damit wird es höchste Zeit für einen weiteren Blogbeitrag. An Themen mangelt es nicht, nur an Zeit darüber zu schreiben. Umso mehr freue ich mich von einem ganz besonderen Event berichten zu können, dem 8. Deutschen Vergabetag in Berlin.


Der Vergabetag, welcher in diesem Jahr bereits zum 8. Mal stattfand, ist der Jahreskongress für Vergaberecht & -praxis. In Podiumsdiskussionen, Workshops und persönlichen Gesprächen wurden Entwicklungen im Vergaberecht sowie die neuste Rechtsprechung besprochen und diskutiert. Mein persönlicher Eindruck von dem zweitägigen Vergabetag war sehr positiv. Unabhängig von den interessanten Themen waren alle Teilnehmer sichtlich froh darüber, endlich wieder vor Ort sein zu dürfen. Nach Monaten von Telefon- und Videokonferenzen war es nicht nur eine willkommene Abwechslung, sondern hat gezeigt, dass der persönliche Kontakt weiterhin unerlässlich ist.


Thematisch wurde einiges geboten und zwar so viel, dass Praxisworkshops parallel verliefen und man somit nicht an allen Workshops teilnehmen konnte.

Eröffnung und Keynotes

Nach der herzlichen Eröffnung des 8. Deutschen Vergabetages, ging es u.a. um die allgemeinen Herausforderungen bei der Durchführung von Vergabeverfahren. Beispielsweise wurde angesprochen, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Vergabestellen oft als störend für die Fachbereiche empfunden werden. Dabei ist die Kombination der Kompetenzen aus Vergabestelle und Fachbereichen sehr wichtig.


Die Vergabestelle weiß wie eine Leistung beschafft wird, während die Fachbereiche definieren welche Leistung benötigt wird. Eine gute Zusammenarbeit bei der Beschaffung ist also sehr wichtig. Ein Satz aus der Podiumsdiskussion ist mir besonders in Erinnerung geblieben: „Wer nicht weiß was er will, sieht was er kriegt“.

8. Deutscher Vergabetag

Außerdem wurde auch der eher schlechte Ruf von Ausschreibungen insgesamt angesprochen. Dabei ist dies objektiv nicht korrekt. So werden jährlich ca. 16.500 oberschwellige Vergabeverfahren durchgeführt, von denen aber nur ca. 6% einem Nachprüfungsverfahren unterzogen werden (also nicht einmal 1.000 Verfahren). Von diesen wird auch nur ein Teil zugunsten der Bieter entschieden. Auch wenn nicht jeder Bieter bereit ist zu rügen, der pauschale schlechte Eindruck von Ausschreibungen ist jedenfalls unberechtigt, so die Botschaft beim Vergabetag.

Praxisworkshops

Da die Workshops parallel stattfanden, stand man vor der Qual der Wahl. Sehr gut besucht war beispielsweise der Workshop „ohne förmliche Ausschreibungen beschaffen“. In diesem wirklich sehr guten Vortrag wurden u.a. Ausnahmen vom Vergaberecht, aber auch Abrufe aus Rahmenvereinbarungen angesprochen. Die perfekte Möglichkeit für mich, um die Obergrenze in Rahmenvereinbarungen anzusprechen. Eine Obergrenze muss angegeben werden, das ist allen klar. Die genaue Ausgestaltung ist wiederum nicht so eindeutig, denn nicht immer kann eine Menge als Obergrenze angegeben werden, da die Leistung aus sehr vielen Teilen bestehen kann. Ist dann die Auftragswertschätzung entscheidend? Was aber wenn der Auftraggeber Angst hat sich bei den Preisen zu verschätzen? Darf er einen gewissen Puffer einbauen und wenn ja wie hoch darf dieser sein? Diesbezüglich konnten auch die sehr guten Referenten des Vergabetages, aufgrund der fehlenden Rechtsprechung, keine genaue Antwort geben.


Aber es wurde auch innovativ, beispielsweise beim Workshop zum dynamischen Beschaffungssystem, welches in Deutschland leider immer noch sehr selten genutzt wird. Im Hinblick auf die Marktüblichkeit von Leistungen waren sich zumindest die Referenten weitgehend einig, dass diese sehr weit ausgelegt werden kann.


Zum Abschluss des 8. Deutschen Vergabetages hat mich vor allem der Vortrag der Berliner Feuerwehr über die Beschaffung eines Hybrid-Löschfahrzeuges sehr beeindruckt. Nach den eher negativen Berichten über Beschaffungsprojekte in Berlin (Stichwort BER), konnte die Berliner Feuerwehr zeigen wie es richtig geht. Nach eigener Aussage hatte die Feuerwehr im Zuge einer Markterkundung erfolglos mit verschiedenen Herstellern über Löschfahrzeuge mit Elektroantrieb gesprochen. Doch die Berliner Feuerwehr hat daraufhin nicht einfach weiterhin die konventionellen Fahrzeuge beschafft. Stattdessen wurde mutig ein aufwändiges Projekt gestartet, welches die Neuentwicklung von Löschfahrzeugen im Zuge einer Innovationspartnerschaft beinhaltete.

Auftraggeber und Hersteller präsentierten auf dem Vergabetag gemeinsam stolz die Ergebnisse. Demnach wurde nicht nur der angeforderte Elektroantrieb verbaut, sondern ein völlig neues Löschfahrzeug nach den Wünschen des Auftraggebers konzipiert. Der Prototyp ist bereits seit einigen Monaten in der Erprobungsphase und übertrifft die meisten Erwartungen sogar erheblich. Neben der Einsparung an Emissionen und der deutlich verbesserten Ergonomie, wurde ein innovatives Löschsystem für die Bekämpfung von Elektrofahrzeugbränden eingebaut sowie die digitale Kommunikation deutlich verbessert.


Der Erfolg gibt den Beteiligten Recht, denn mittlerweile kommen Feuerwehren aus der ganzen Welt nach Berlin um sich dieses Fahrzeug anzuschauen. Das Beispiel vom 8. Deutschen Vergabetag zeigt, was mit den Instrumenten des Vergaberechts möglich ist, wenn Auftraggeber bereit sind neue Wege zu gehen.

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